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Junge Menschen leben heute ganz selbstverständlich mit dem Internet und unterscheiden nicht mehr zwischen on- und offline. Wie viel Zeit Kinder und Jugendliche mit digitalen Medien verbringen, ist daher eher nebensächlich. Viel wichtiger sei es, dass Eltern wissen, was ihre Kinder im Netz treiben, und sich mit ihnen über ihre Erfahrungen austauschen, sagt die Medienexpertin Prof. Dr. Friederike Siller von der Fachhochschule Köln.
Eltern müssen wissen, was ihr Kind am Computer oder Tablet tatsächlich macht. Verbringt es Stunde um Stunde vor einem Computerspiel? Chattet es mit einem Unbekannten oder möchte es zu einem Thema, das es gerade interessiert, mehr im Internet herausfinden? Mein Ratschlag an Eltern ist, die Mediennutzung ihrer Kinder nicht nur vom Faktor Zeit abhängig zu machen. Das gilt besonders bei digitalen, mobilen Medien. Das Posten eines Fotos oder Kommentars dauert beispielsweise nur wenige Minuten oder sogar Sekunden, wohingegen die eigenständige Produktion eines Videos mehrere Stunden oder Tage in Anspruch nehmen können. Digitale Medien sind bereits heute in den Alltagsroutinen vieler Familien fast schon beiläufig angekommen. Kinder und Jugendliche sind nicht mehr "im" Internet oder "draußen", sondern leben auf eine selbstverständliche Art und Weise mit dem Internet. Wichtig ist, dass Eltern sich mit ihren Kindern über das medial Erlebte und Erfahrene austauschen und ins Gespräch kommen. Aus diesen "Anschluss-Gesprächen" entwickeln sich dann in der Praxis häufig familieninterne Regeln und Abstimmungen zur Mediennutzung der Kinder. In den Blick nehmen sollten Eltern neben der Dauer und dem Alter des Kindes beispielsweise den Kontext und die Sozialform der Mediennutzung oder den Grad der Interaktion (aktiv-passiv).
Wir gehen in der Medienpädagogik davon aus, dass ein möglichst aktiver Umgang mit Medien wichtig für den Erwerb von Medienkompetenz ist. Diese Fähigkeit bereitet unsere Kinder auf ein selbstbestimmtes Bewegen im Internet vor. Gerade mobile Medien bieten sich hier schon für die Kleinen an. Beispielsweise können Kinder mit dem Smartphone Fotos von der im Sandkasten selbst gebauten Burg schießen und den Großeltern schicken oder die Fotos abends nochmals gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern betrachten. Und wir stellen auch fest, dass Kinder ganz natürlich in die digitale Welt hineinwachsen. Sie bedienen den Tabletcomputer selbstverständlich und mit Leichtigkeit, während Erwachsene sich zuweilen schwerer an die sich verändernde Welt gewöhnen können. Das ändert aber nichts an der Verantwortung der Eltern und der Pädagogen, Kinder auf das Leben vorzubereiten – auf das analoge wie das digitale.
Wie sich der Unterschied zwischen dem klassischen "Wimmelbuch" und der "Wimmel-App" auswirkt, muss erst noch erforscht werden. Viel entscheidender als das Medium aus dem vorgelesen wird, ist aus medienpädagogischer Sicht, dass Familien Zeit miteinander verbringen, über Medieninhalte sprechen und Kinder ein Gefühl der Sicherheit zu Hause erfahren. Denn der kindliche Umgang mit digitalen Medien vollzieht sich nicht isoliert im medialen Raum. Vielmehr ist er eingebettet in ein Leben in familiären, sozialen, kulturellen Bezügen. Wenn Eltern diesen Rückbezug anerkennen und entsprechend handeln, ist viel gewonnen, um Kindern den Rücken für ein souveränes Leben auch im Digitalen zu stärken.
Prof. Dr. Friederike Siller ist Professorin für Handlungsorientierte Medienpädagogik in der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Köln. In ihrer Forschung befasst sich die Medienpädagogin mit der Entwicklung von Medienkompetenzen und dem Lernen mit digitalen Medien.