Renaissance der einheimischen Körnerleguminosen - Wissenschaftsjahr 2020/21 - Bioökonomie

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01.04.2021

Renaissance der einheimischen Körnerleguminosen

Kurz & Knapp
  • Einheimische Körnerleguminosen wie Lupinen, Erbsen und Ackerbohnen führen seit langem ein Nischendasein, erleben aber gerade eine neue Wertschätzung.
  • Fruchtfolgen mit Körnerleguminosen fördern Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität.
  • Fruchtfolgen mit Körnerleguminosen reduzieren die Emission von klimarelevanten Gasen wie Kohlenstoffdioxid und Lachgas.

Renaissance der einheimischen Körnerleguminosen

Ein Beitrag von Dr. Olaf Sass, Leguminosenzüchter bei der Norddeutschen Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG

In der Landwirtschaft wird die erfolgte Konzentration auf wenige Hauptfrüchte beklagt. In der Folge haben sich eine Reihe von Negativfaktoren angehäuft, die heute kritisch diskutiert werden: Zunahme von Schädlingen und chemischer Pflanzenschutzmaßnahmen, einseitiger Nährstoffentzug und Überdüngung mit Nährstoffaustrag unserer Böden sowie Verarmung von Landschaft und Biodiversität.

Um diesen Negativeffekten entgegen zu wirken, wird eine Diversifizierung unserer Fruchtfolgen vielerorts angemahnt – aber mit welchen Kulturarten?

Es gibt eine Kulturartengruppe, die lange ein Nischendasein in der deutschen Landwirtschaft geführt hat. Das sind die großkörnigen Hülsenfrüchtler (Leguminosen) wie Erbse, Ackerbohnen und die drei Lupinenarten (Lupinus angustifolius, albus, und luteus). Relativ neu auf unseren Äckern ist die Sojabohne. Alle Leguminosen sind in der Lage, den für ihr Wachstum benötigten Stickstoff mithilfe von an der Wurzel lebenden symbiontischen Bakterien aus der Luft pflanzenverfügbar zu machen. Sie sind damit Stickstoff-autark und benötigen keinen synthetisch erzeugten Stickstoff-Mineraldünger. Die in der industriellen Produktion von Mineraldünger notwendige Energie wird also eingespart und die damit verbundene Emission von CO₂. Zudem birgt die Ausbringung von mineralischem Dünger die Gefahr von Lachgasemissionen (N₂0); auch dieses wird auf den Flächen mit Körnerleguminosen vermieden.

Köpfe des Wandels

Dr. Olaf Sass ist Züchter für Sommerraps und Leguminosen bei der Norddeutschen Pflanzenzucht, einem mittelständischen Pflanzenzüchter in der Nähe von Eckernförde.

Alle Körnerleguminosen sind Blühpflanzen, die insbesondere im Falle der Ackerbohnen als auch der Lupinen als Nektar- und Pollenquelle für Wild- und Honigbienen dienen. Die geernteten Körner enthalten von zwischen 22 bis über 40 % an wertvollem Pflanzenprotein. Waren sie lange nur billiges Eiweißfutter, so werden sie heute mehr und mehr als lokal und unter hohen ökologischen Standards erzeugter hochwertiger Rohstoff für die fleischlose Ernährung geschätzt.

Warum sind diese Kulturarten so lange vernachlässigt worden?

Ein Grund war die Verfügbarkeit an billigem Sojaschrot aus Übersee – hinzukam, dass sie als relativ extensive Früchte den klassischen Intensivierungsmaßnahmen wie Mineraldünger und Pflanzenschutzmitteln nur bedingt zugänglich waren. Der Anbau schrumpfte, so dass auch die Züchtung immer mehr vernachlässigt wurde. Weniger Züchtung bedeutet aber weniger Zuchtfortschritt und damit ein immer größer werdender Abstand zu züchterisch intensiv bearbeiteten Kulturen wie Weizen oder Mais.

Im globalpolitischen Kontext werden zudem die umfangreichen Sojaimporte in die EU zunehmend kritisch gesehen: Diese werden in ihren Erzeugungsländern mit überwiegend gentechnisch veränderten Sorten in oft sehr engen Fruchtfolgen erzeugt. Einher geht ein intensiver Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Insbesondere in den südamerikanischen Ländern wie Brasilien und Argentinien werden immer noch wertvolle Urwaldflächen für die Soja-Erzeugung geopfert. Der lange Transportweg über den Atlantik ist ebenfalls hinsichtlich des CO₂-Footprints kritisch zu beurteilen.

Mit der sich abzeichnenden Renaissance der Leguminosen wird auch ihre Züchtung wieder intensiviert, wobei neuartige Ansätze aus Biologie und der Digitalisierung den Zuchtfortschritt erheblich beschleunigen– gerade bei diesen Kulturarten ist dies auch besonders notwendig. Schon heute stehen aber aus konventioneller Züchtung neue leistungsfähige Sorten zur Verfügung, die den Landwirten eine gute und ausreichend sichere Ernte versprechen.

Die dargestellten Vorzüge dieser attraktiven Kulturartengruppe sind heute aktueller denn je: Bei einer entsprechenden monetären Bewertung dieser vielen positiven Effekte, insbesondere auch der umwelt- und klimarelevanten Aspekte, sollten diese Kulturarten wieder den ihnen zustehenden breiteren Platz auf unseren Feldern einnehmen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2020/21 – Bioökonomie.​