Unsere Forschung zeigt, dass aktuelle politische Debatten in Deutschland und Europa die wirtschaftlichen Vorteile einer Kreislaufwirtschaft für die Bioökonomie-Branche hervorheben. Altbekannte Geschichten von Recycling und effizientem Rohstoffeinsatz in der Herstellung oder die Verwendung von Abfällen dominieren die Ideen der Bioökonomie-Branche im Themenbereich Kreislaufwirtschaft. Dies oft im Bereich Holz, Biokunststoffe, Papier, Bioenergie. Innovative Themen der Kreislaufwirtschaft wie das Wiederverwenden oder Teilen von Gütern zur Einsparung von Rohstoffen sind derzeit weniger beliebt. Diese Strategien können jedoch einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, mögliche Zielkonflikte der Bioökonomie – wie der Konflikt zwischen Nahrungs- und Treibstofferzeugung – zu lösen. Jahrhundertealte Erfolgsmodelle der Kreislaufwirtschaft wie die Bibliothek oder der Second-Hand-Markt machen es vor.
Politische Prioritäten sind notwendig
Politische Strategien für die Kreislaufwirtschaft in der Bioökonomie enthalten bislang keine klaren Richtlinien oder Indikatoren, die der Industrie vorgeben, welche Maßnahmen sie priorisieren sollen, wenn sie zur Lösung der beschriebenen Zielkonflikte beitragen wollen. Zwar treibt z. B. Deutschland politische Initiativen zur Reduzierung und Verwendung von Lebensmittelabfällen voran, um mithilfe von Kreislaufwirtschaft mehr Effizienz in diesem wichtigen Bioökonomie-Sektor zu erreichen. Gleichzeitig zeigt unsere und andere wissenschaftliche Arbeit, dass im Lebensmittelsektor politische Strategien für eine nachhaltigere Ernährungsweise um ein vielfaches effektiver wären, Umweltbelastungen durch Rohstoffabbau und Müll einzuschränken. Sie könnten also stärker zur Erreichung einer Kreislaufwirtschaft und zur Lösung von Zielkonflikten in einer Bioökonomie beitragen.
Effektivität sollte Vorrang vor Effizienz haben
Wenn politische Prioritäten nicht auf den effektivsten Maßnahmen liegen, könnten die dadurch ausbleibenden Erfolge schnell zu Frustrationen führen.
Die unzähligen Strategien, die die Idee einer Kreislaufwirtschaft bereithält, sollten deshalb in Bezug auf ihren ökologischen Nutzen und ihre Praktikabilität im lokalen Kontext abgewogen werden. Hierzu könnten z. B. etablierte Messinstrumente für ökologische Fußabdrücke auf Grundlage lokaler Bedürfnisse und Anforderungen angewendet werden. Eine solche Priorisierung könnte auch durch die Wissenschaft unterstützt werden, z. B. in „transdisziplinären“ Formaten, die Forschende aus verschiedenen Disziplinen mit Menschen aus Politik und Praxis zusammenbringen.
Strategien für eine biobasierte Kreislaufwirtschaft müssen Gewinner und Verlierer im Blick haben
Jegliche Bioökonomie-Strategie muss gleichzeitig die Gewinner und Verlierer von Veränderung im Auge behalten und eine gerechte Verteilung der Kosten und Gewinne verhandeln. Andernfalls werden neue Maßnahmen kaum durchsetzbar sein oder möglicherweise von Gegnern unterlaufen.