Betonwand am Traumstrand
Wenn es um die Verlierer des Klimawandels geht, ist häufig von den sogenannten Small Island States die Rede. Malerische Inselstaaten wie Tonga oder Kiribati, aber auch Touristenmagnete wie die Bahamas oder die Malediven drohen im Meer zu versinken, wenn die Eisschilde Grönlands und in der Antarktis schmelzen.
Doch was tun, um Menschen und Traumstrände vor den Folgen des Klimawandels zu schützen? Schutzmauern und Dämme verleihen zwar ein Gefühl von Sicherheit, sorgen aber häufig für neue Probleme. Dort, wo das Meer mit hoher Energie auf ein Hindernis trifft, bilden sich starke Strömungen, so dass zusätzlicher Sand aufgewirbelt und davongetragen wird. Dadurch nimmt die Erosion der Küsten sogar noch zu.
Sinnvoller ist es zum Beispiel, die Korallenriffe zu schützen, die viele Inseln als natürlicher Wellenbrecher umgeben. Vorausgesetzt sie sind biologisch intakt und wachsen ausreichend, um mit dem Anstieg des Meeresspiegels Schritt zu halten. Dann fungieren sie als Schutz gegen die heran rauschenden Wellen. Besser als starre Bollwerke eignen sich Mangrovenwälder, die als natürliche Sedimentfalle zum Aufbau von Sandstränden beitragen. Allerdings sind solche Strände für Touristen völlig unattraktiv.
Bei der Suche nach Lösungen geht es aber nicht nur um notwendiges Wissen, sondern auch darum, wie Interessen ausgehandelt werden. Als Geographin und sozialwissenschaftliche Klimaforscherin bin ich seit vielen Jahren in den betreffenden Regionen unterwegs. Wir sprechen mit Einwohnern, Regierungen, Küsteningenieuren, Hoteliers und Unternehmern, untersuchen konkurrierende Nutzungsinteressen und fragen nach Potentialen für alternative Schutzmaßnahmen. Dabei zeigt sich, dass aus politischen und wirtschaftlichen Interessen immer wieder einiges schief läuft.
Prof. Dr. Beate Ratter ist Geographin und Klimaforscherin. Sie ist Mitglied des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg und des Exzellenzcluster für Klimaforschung CliSAP. Darüber hinaus arbeitet sie am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht.
Ein Beispiel ist die Insel Fuvahmulah im Süden der Malediven. Seit Jahren wartete die Bevölkerung hier auf einen neuen, sicheren Hafen. 2003 wurde endlich gebaut, politisch motiviert jedoch an einer küstendynamisch völlig falschen Stelle. Normalerweise wird der Sand im Zuge des jahreszeitlich wechselnden Monsuns gleichmäßig in die eine oder die andere Richtung rings um die Insel verteilt. Die neue Hafenmauer blockiert diesen Prozess. Der Sand sammelt sich im toten Winkel vor dem Hafen oder wird hinaus aufs Meer getragen, wo er in die Tiefe sinkt und der Insel auf Dauer verloren geht. An der Ostküste der Insel ist der Sand inzwischen komplett abgetragen – dort tritt jetzt das blanke Gestein offen zutage. Um die Insel auch in Zukunft zu schützen, wird bereits über die nächste Baumaßnahme nachgedacht: eine riesige Steinauflage. Dieser Steindamm – ein sogenanntes Revetment – wird eine weitere Kettenreaktion zur Folge haben und die Erosion auf der Insel zusätzlich vorantreiben.
Küstenschutz kostet und der Tourismus ist für viele Inseln die wichtigste Einkommensquelle. Gleichzeitig sieht nicht jede Maßnahme für Urlaubsgäste gut aus. Natürlich ist es wichtig zu wissen, wie sich das Klima ändert und was dies für kleine Inseln konkret bedeutet. Entscheidend ist aber, welche Bereitschaft vorhanden ist – in der Politik wie in der Bevölkerung – sich mit den Folgen des Klimawandels als gemeinsame Aufgabe auseinanderzusetzen.
Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.