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Die weltweite Vernetzung durch das Internet ermöglicht eine immer effizientere Arbeitsteilung: Softwaresysteme nehmen uns zunehmend Arbeit ab, anspruchsvollere Aufgaben werden durch Cloud-Worker erledigt. Dabei macht jeder das, was er am besten kann, immer dann, wenn es ihm passt und dort, wo er sich gerade aufhält. Das bietet Vielen bisher unbekannte Freiheiten, wird aber auch etliche Menschen in die Zwangsselbstständigkeit treiben. Höchste Zeit, unsere Gesellschaft darauf vorzubereiten.
Was bleibt übrig von unserer Arbeitswelt, wenn selbst Berufsgruppen wie Ärzte, Lehrer und Psychologen Konkurrenz von Algorithmen bekommen, die ihre Arbeit schneller, fehlerfreier und effizienter erledigen? Die beruhigende Antwort ist: Es wird immer genügend zu tun geben für uns Menschen. Vielleicht erstellen Softwareprogramme in Zukunft sicherere Diagnosen als Ärzte und Psychologen und didaktisch sinnvollere Lehrpläne, aber sie werden nie das Zwischenmenschliche leisten können. Auch in anderen, durch künstliche Intelligenz vermeintlich bedrohten Berufsfeldern - etwa im Servicebereich, im öffentlichen Verkehr oder im Personalmanagement - wird der Mensch als Korrektiv immer gebraucht werden. Unsere Fähigkeit zur Abstraktion, zum Erkennen komplexer Zusammenhänge und unsere Kreativität lassen sich nicht so schnell ersetzen. Wir müssen uns zwar darauf einstellen, dass zahlreiche Jobs wegfallen und vielleicht sogar ganze Berufszweige aussterben. Aber: Die Arbeit, die uns bleibt, wird interessanter sein. Ausgleichend könnte sich zudem die demografische Entwicklung auswirken, durch die es langfristig weniger potentielle Arbeitnehmer geben wird.
Doch die zunehmende Digitalisierung unserer Arbeitswelt bringt noch eine weitere, weitaus schwerwiegendere Veränderung mit sich. Bereits heute greifen Unternehmen verstärkt auf freie, über das Internet abrufbare Mitarbeiter zurück. Organisiert sind diese Arbeitskräfte über Plattformen wie Amazons Mechanical Turk oder oDesk. Dort können Sie sich in sogenannten Auktionen für einzelne Projekte bewerben. Dieses Crowdsourcing ist für die Unternehmen sehr attraktiv, denn Sie können Mitarbeiter immer dann buchen, wenn sie diese gerade brauchen. Verpflichtungen müssen keine eingegangen werden und die Reputation potenzieller Arbeitnehmer lässt sich an Bewertungen voriger Kunden ablesen. Ein Modell, das sich international immer stärker durchsetzen dürfte.
Doch wo bleibt der Arbeitsschutz, das Arbeitsrecht, wenn wir immer nur projektweise beschäftigt werden? Oft sind die Arbeitsbedingungen beim Crowdsourcing katastrophal. Nicht selten werden vorherige Angestellte eher unfreiwillig als sogenannte Cloud-Worker in ein freies Beschäftigungsverhältnis gedrängt. Als Zwangsunternehmer erledigen sie dieselben Aufgaben wie zuvor im Büro - nur zu anderen Konditionen. Da sie jetzt unmittelbar mit der internationalen Konkurrenz im Wettbewerb um jeden einzelnen Job stehen, ist die Bezahlung oft geringer. Das ist eine Problematik, für die sich nicht so schnell eine einfache Lösung finden lässt. Denn die Entwicklung findet in einem globalen Kontext statt und verlangt demnach auch eine globale Antwort. Zentralistische Regeln, etwa durch Gesetze einzelner Staaten, dürften hier nur bedingt weiterhelfen.
So bleibt die Initiative bei den Betroffenen selbst. Sie müssen sich zum einen organisieren, um für ihre Rechte einzutreten und faire Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum anderen müssen sie ihr Selbstmanagement optimieren. Nicht jeder Mensch ist ein geborener Unternehmer. Ein Cloud-Worker muss einschätzen können, was er wirklich leisten kann und was er mindestens leisten sollte: Welche Aufträge lohnen sich? Was muss ich sofort erledigen, was kann warten? Und wann habe ich eigentlich Feierabend? Doch diese Eigenkompetenz ist etwas, auf das uns unser Bildungssystem nicht ausreichend vorbereitet - weder im schulischen Bereich noch an den Universitäten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Prof. Dr. Jutta Rump lehrt Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule Ludwigshafen. Zudem begleitet sie zahlreiche Projekte in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft und forscht zu Trends in der Arbeitswelt und deren Auswirkungen.