Dr. Heidrun Mollenkopf
Der demografische Wandel ist ein guter Anlass, um darüber nachzudenken, was eine Gesellschaft des langen Lebens bedeutet und was wir für ihren Zusammenhalt tun müssen.
Woran forschen Sie in Bezug auf den demografischen Wandel?
Heute forsche ich nur noch ein paar Stunden in der Woche. Ich habe meine Forschungstätigkeit am Deutschen Zentrum für Alternsforschung an der Universität Heidelberg (DZFA) bereits im Jahr 2004 aus Altersgründen aufgegeben. Ich bin also nicht mehr aktiv in der Forschung tätig. Trotzdem verfolge ich natürlich nach wie vor die Forschung zum demografischen Wandel mit großem Interesse und engagiere mich in verschiedenen Gremien und Organisationen - wie zum Beispiel in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen.
Was ist aus Ihrer Sicht das Bemerkenswerteste am demografischen Wandel?
Ich finde es bemerkenswert, dass der wertvolle Schatz "Vielfalt" kaum von unserer Gesellschaft wahrgenommen wird. Ein selbstverständliches Zusammenleben und voneinander Lernen gibt es leider kaum, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel Mehrgenerationenhäusern oder Lernpatenschaften zwischen Senioren und Schülern.
Welche Chancen bringt der demografische Wandel Ihrer Meinung nach mit sich?
Der demografische Wandel ist ein guter Anlass, um darüber nachzudenken, was eine Gesellschaft des langen Lebens bedeutet und was wir für ihren Zusammenhalt tun müssen. Und er konfrontiert uns mit der Frage, wie Lebensverläufe künftig aussehen könnten: Macht es Sinn, alle beruflichen und familiären Aktivitäten in einen bestimmten Lebensabschnitt zusammenzufassen? Müssen wir nicht eher darüber nachdenken, wie alternative Formen der Lebensgestaltung aussehen könnten? Oder wie wir die Lebensphasen flexibler gestalten können? Das sind spannende Fragen, über die es sich lohnt, künftig stärker nachzudenken.
Wie wirkt sich der demografische Wandel auf Ihr eigenes Leben oder Ihr Umfeld aus?
In meinem Umfeld beobachte ich deutliche Veränderungen: So hat sich zum Beispiel der Stadtteil, in dem ich seit vielen Jahren wohne, stark verändert. In seiner Entstehungszeit haben hier vor allem Familien mit Kindern gewohnt. Heute ist der gesamte Ortsteil in die Jahre gekommen und das erste Seniorenzentrum steht kurz vorm Baubeginn. Eine typische Entwicklung vieler 70er-Jahre Siedlungen. Umso wichtiger ist es, dass solche Stadtteile nun auch wieder für junge Familien attraktiver gestaltet werden, damit hier Alt und Jung gut zusammen leben können.
Warum verbessert der Einsatz von Technik die Lebensqualität älterer Menschen?
Natürlich können neue Geräte und technische Assistenzsysteme die Lebensqualität verbessern. Das hat einen einfachen Grund: Sie können viele körperliche Tätigkeiten erleichtern und sie können Routinearbeiten übernehmen oder unterstützen. Ich sage aber ausdrücklich "können", weil Technologien oftmals auch ein Hindernis sind, das manche Menschen nur schwer oder überhaupt nicht überwinden können. Es kommt also darauf an, dass Technik den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Zielgruppe entspricht. Nur dann macht ihr Einsatz Sinn und nur so kann sie Lebensqualität steigern.
Was nehmen Sie sich für das Alter vor?
Ich habe mir nichts Spezielles vorgenommen. Ich gehe nach wie vor den gleichen Interessen nach und habe die gleichen Bedürfnisse wie früher. Ich bin ähnlich neugierig und aktiv. Und ich freue mich und ärgere mich über die gleichen Dinge wie auch schon in der Vergangenheit. Ich hoffe, dass sich das auch in Zukunft nicht ändern wird.
Zur Person:
Dr. Heidrun Mollenkopf ist Mitglied des Expertenrats der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO).